Außergewöhnlicher Besuch in Wallhalben
Podiumsdiskussion mit Abgeordneten des EU-Parlaments — 17.04.2024
Stellten sich den Fragen der Schüler: (von links) Bürgermeister Christian Hirsch und die EU-Abgeordneten Christine Schneider und Jutta Paulus. Das Podium moderierte Schülersprecher Jonas Becker.
von Hannah Schwarz (MSS11 / Lk Sozialkunde)
Eine aufschlussreiche Podiumsdiskussion fand am Freitag, dem 12. April, am Schulstandort Wallhalben statt. Die Abgeordneten des Europa-Parlaments Christine Schneider (CDU/CSU) und Jutta Paulus (B90/die Grünen) sowie der Verbandsbürgermeister von Bruchmühlbach-Miesau Christian Hirsch (SPD) stellten sich den Fragen, welche die Schülerinnen und Schüler im Vorhinein bei dem Schülersprecher und Moderator der Debatte Jonas Becker eingereicht hatten. Im Publikum befanden sich alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 -12.
Die Schülervertretung hatte die Debatte angesichts der Tatsache organisiert, dass bei der diesjährigen Wahl zum Europa-Parlament erstmals das Wahlalter ab 16 gilt und somit auch die meisten der Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 -12 wahlberechtigt sein werden. Daher diente die Debatte insbesondere der politischen Willensbildung der Erstwähler.
Das Gespräch begann mit einer Vorstellungsrunde der Politiker. Sie legten dar, wie sie zur Politik gekommen waren und was sie antreibt sich weiterhin zu engagieren. Anschließend beschrieben die Abgeordneten des EU-Parlaments, wie die Arbeit und der Alltag im EU-Parlament aussehen. Interessant war hierbei, dass die Abgeordneten außer ihrer Arbeit in den Ausschüssen in Brüssel und den Plenarsitzungen in Straßburg, die sie von Montag bis Donnerstag beschäftigen, an den restlichen Tagen (Freitag-Sonntag) nicht nur in ihren Wahlkreisen unterwegs sind, sondern auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten, um Mehrheiten zu organisieren und Absprachen zu treffen. Auf die folgende Frage des Moderators, weshalb die Schülerinnen und Schüler sich für die EU interessieren sollten, antwortete Christine Schneider, ohne lange überlegen zu müssen. „Friede, Freiheit und Wohlstand“, das bedeute die EU und das sei nicht selbstverständlich. In Erinnerung geblieben ist besonders ihr Vergleich der Politik mit einem Fußballspiel, man könne nicht einfach nur zu schauen, sondern müsse partizipieren und zur Wahl zu gehen sei die niedrigschwelligste Möglichkeit dafür.
Schließlich wandte sich die Debatte aktuellen politischen Themen zu, wie beispielsweise der umstrittenen Asylreform, die in den Tagen zuvor auf EU-Ebene beschlossen wurde. Hier traten erstmals deutliche Meinungsverschiedenheiten hervor, denn während Frau Schneider die Reform für dringend notwendig hielt, um eine Überlastung zu verhindern, sah Frau Paulus mit der Maßnahme das Problem nicht gelöst. Herr Hirsch beschrieb die starke Belastung, die ihm auch in seiner Kommune bereits aufgefallen sei. Ein besonders interessanter Einblick, welchen Frau Schneider gewährt hat, beschrieb, dass die äußerst Rechten und Rechtsextremen im EU-Parlament nicht an den Verhandlungen zur Reform teilgenommen hatten und dagegen gestimmt hatten, jedoch nicht, weil sie nicht dafür waren, sondern einzig und allein, weil sie das EU-Parlament damit blockieren wollten.
Daraufhin war die Meinung der Abgeordneten und des Verbandsbürgermeisters zur Cannabis-Legalisierung gefragt. Auch wenn das kein Thema ist, das auf EU-Ebene verhandelt wird, war es interessant, die Meinung der Abgeordneten zu hören, die partei-typisch ausgefallen waren.
Auch auf die Frage, was die Abgeordneten von einer Dönerpreisbremse beziehungsweise Bierpreisbremse halten würden, reagierten sie professionell und zogen den ernsten Kern aus der Frage. So äußerte Christine Schneider, dass sie grundsätzlich eine Vertreterin der Sozialen Marktwirtschaft und damit kein Freund von strikten Preisbremsen sei. Aufschlussreich war auch die Herangehensweise von Jutta Paulus. Sie erklärte, dass der Preis die aktuellen Gegebenheiten in den Herkunftsländern und des Transports widerspiegele. Als Beispiel führte sie den gestiegenen Preis von Tomaten an, der sich erhöht habe, weil im Herkunftsland Spanien eine Dürre herrsche, welche angesichts des Klimawandels auch sicher nicht die letzte bleiben werde. Daraus ist zu folgern, dass man besser die Ursachen bekämpfen sollte als temporär die Preise zu bremsen. Interessant zu verfolgen war auch die Debatte um die gestiegenen Energiepreise und den Energiepreisdeckel, welche die Gemüter der Gäste zu erhitzen schien. Besonders die Möglichkeit, die Energiepreise zu senken, indem man auch in Deutschland wieder Atomkraftwerke ans Netz lässt, sorgte für Streitigkeiten. Denn während Christine Schneider dies für eine Möglichkeit hielt, anstatt Atomstrom aus Polen und Frankreich zu importieren, argumentierte Jutta Paulus, dass Atomkraftwerke nicht nur die teuerste Variante der Stromerzeugung seien und dass der Großteil an importiertem Strom Windenergie aus Dänemark sei, sondern auch, dass Atomkraftwerke unsicher, nicht zukunftsfähig und nicht nachhaltig seien. Daher sollte lieber in erneuerbare Energien investiert werden, dieser Position stimmte auch Herr Hirsch zu.
Damit hatte die Debatte auch schon fast ihr Ende erreicht. Abschließend richteten die Parlamentarierinnen noch abschließende Worte bezüglich der bevorstehenden Europa-Wahl an die Schülerinnen und Schüler. Abgesehen davon, dass natürlich jede ihre eigene Partei bewarb, trat dennoch ein Appell eindeutig hervor: Die Aufforderung, unser Wahlrecht zu nutzen und demokratisch zu wählen.
Die Ausführungen der Politiker waren auf jeden Fall interessant und aufschlussreich. Und möglicherweise hat der direkte Kontakt mit den Abgeordneten des EU-Parlaments das Interesse der Schülerinnen und Schüler an der EU noch einmal gesteigert und die bevorstehende Wahl ins Gedächtnis gerufen.
Vielen Dank an die Schülervertretung und natürlich an Christine Schneider, Jutta Paulus und Christian Hirsch für dieses Erlebnis.
Nils Klein: Was Erstwähler von Politikern wissen wollen (Rheinpfalz, 14.4.2024)