Ein Ort des Gedenkens und Erinnerns
Die 10. Klassen erkunden die Gedenkstätte "Konzentrationslager Osthofen" — 20.11.2018
von Leonard Müller, 10d -
Ende Oktober 2018 besuchten wir, die 10. Klassen des Sickingen-Gymnasiums, die Gedenkstätte in Osthofen. Die Erwartungen waren nicht sehr groß, da wir schon vorher wussten, dass das Konzentrationslager eines der früheren Lager war, was nur von 1933 bis 1934 in Betrieb war.
Bereits wenige Monate nach der erlassenen „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat", die der Abwehr „kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte“ dienen sollte (Februar 1933), hatte man angeordnet im Volksstaat Hessen ein solches Lager zu errichten. Da kam den Nationalsozialisten die leerstehende Papierfabrik in Osthofen gerade recht. Im Einstiegsgepräch wurde uns berichtet, dass die Häftlinge ausschließlich Männer aus der umliegenden Umgebung waren und nur eine recht kurze Zeitspanne im Lager blieben. Die Lagerleitung hatte das Ziel die Gefangen psychisch und physisch zu zermürben, damit diese von ihrer politischen Einstellung abkamen oder zumindest Angst hatten, diese öffentlich zu äußern. Dafür mussten die Gefangenen den ganzen Tag unnötige Arbeiten verrichten, damit sie beschäftigt blieben. Morgens bekamen sie zum Beispiel die Aufgabe den Appellplatz zu säubern, auch wenn dieser sauber war. Widerworte wurden aber mit körperlichen Misshandlungen bestraft. Dann mussten die Gefangenen Papierreste aus dem Müll nehmen und auf dem Appellplatz verstreuen, um diese dann wieder aufzuheben. Jüdische Gefangene, denen man eine kommunistischen Einstellung unterstellte, hatten unter den Wärtern am meisten zu leiden. Sie mussten zum Beispiel Gruben, die als eine Art Toilette gebraucht wurden, mit eigenen Händen ausgraben, obwohl dies unnötig war. Nach dieser Arbeit durften sie sich nur mit ein wenig Wasser waschen. Der Gestank muss unerträglich gewesen sein.
Trotz dieser unmenschlichen Behandlung haben nur zwei Häftlinge versucht zu fliehen. Die meisten blieben und hofften darauf, wie alle anderen Häftlinge nach Wochen entlassen zu werden.
Insgesamt waren im Laufe der Jahre etwa 3000 Häftlinge im Konzentrationslager in Osthofen. Es gab offiziell keine Todesopfer, allerdings kann man anhand der Dokumente gut nachweisen, dass einige Häftling kurz nach ihrer Entlassung verstarben. Die Menschen in den umliegenden Städten sollten glauben, dass die Gefangenen etwas Verbrecherisches getan haben und nun „umerzogen“ werden mussten. Todesopfer wären keine gute Propaganda gewesen. Viele Schülerinnen und Schüler hat es zu Beginn der Veranstaltung vor allem interessiert, wie viele Menschen hier ums Leben kamen. Nach der Führung durch das Konzentrationslager und die Dauerausstellung wurde ihnen aber bewusst, dass diese Frage in Hinsicht auf die in Osthofen begegangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit überhaupt nicht so ausschlaggebend ist. Denn wenn man sich die Biografien der einzelnen überlebenden Insassen betrachtet, wird einem klar, dass sie auch nach ihrer Entlassung unter einem immensen gesellschaftlichen Druck standen. Zwar hatten sie das KZ überlebt, aber ihr bisheriges Leben war zerstört. Sie bekamen keine richtige Anstellung mehr und hatten große Schwierigkeiten ihre Familien zu ernähren. Sie wurden weiterhin von der Gestapo beobachtet, wiederholt verhaftet und verhört. Einige kamen später auch in andere Konzentrationslager, wie Dachau oder Buchenwald.
Das KZ Osthofen ist der Ort, an dem der 1939 von Anna Seghers im Exil veröffentlichte Roman "Das siebte Kreuz" spielt. Während des Zweiten Weltkriegs waren hier auch Zwangsarbeiter aus Polen, Frankreich und Belgien interniert.
Es ist kaum zu glauben, dass dieses Konzentrationslager lange Zeit in Vergessenheit geriet und erst in den 1990er Jahren als Gedenkstätte eröffnet wurde.