Das Logo des Sickingen-Gymnasiums. Dunkelblaues Quadrat mit weißem Schriftzug des Schulnamens in der linken oberen Ecke. Silhouette der Burg Nanstein im Anschnitt unten rechts.

Latein

Anders als Französisch oder Russisch wird Latein heute nicht mehr gesprochen, die Unterrichtssprache ist daher Deutsch. Im Zentrum der Arbeit steht das tiefgehende Verständnis bzw. die Übersetzung von Texten ins Deutsche und – damit verbunden – die Erarbeitung von Wortschatz und grammatischen Strukturen. Ausspracheprobleme gibt es folglich keine. Thematischer Schwerpunkt der zu behandelnden Texte bildet die griechisch-römische Antike, wobei neben dem Alltagsleben auch historische und philosophische Fragestellungen erörtert werden. Auf diese Weise leistet der Lateinunterricht einen wichtigen Beitrag zu einer vertieften Allgemeinbildung.

Braucht man das überhaupt noch? Latein ist doch eine tote Sprache …?

Latein war für nahezu zwei Jahrtausende die Bildungssprache der abendländischen Welt: nicht nur in der Kirche, sondern auch in allen sonstigen Bereichen des öffentlichen Lebens wie in der Politik, in der Verwaltung, in der Rechtsprechung, in der Medizin, in den gesamten Wissenschaften.
Das Fach Latein ist außerdem das älteste Unterrichtsfach an deutschen Schulen. Seine Geschichte reicht bis ins frühe Mittelalter zurück, als Anfang des 8. Jahrhunderts in Klosterschulen Latein gesprochen und gelehrt wurde.

Und welche Rolle spielt Latein heute noch?

Latein begegnet uns täglich, gerade in unserer heutigen globalisierten Welt, zum Beispiel in Fremdwörtern wie „Computer“ (lat. computare – zusammenrechnen) oder Lehnwörtern wie „richtig“ (lat. rectus). Ganz zu schweigen von den vielen Fremdwörtern in den verschiedenen Fachgebieten, die sich mit Lateinkenntnissen leicht erschließen lassen (Bsp. Medizin: „clavicula“ - das Schlüsselbein, abgeleitet von der Lernvokabel „clavis“ - der Schüssel).
Die „Mutter Latein“ lebt weiter in ihren Tochtersprachen wie Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Rumänisch. Diese werden auch „romanische Sprachen“ genannt, da sie sich unmittelbar aus der Sprache der Römer entwickelt haben. Latein ist somit die Basissprache Europas und darüber hinaus weiter Teile Süd- und Mittelamerikas sowie Afrika, wo die erwähnten Sprachen ebenfalls gesprochen werden. Wer Latein gelernt hat, dem fällt das Lernen dieser Sprachen deutlich leichter!
Selbst wenn Latein als Weltsprache mittlerweile von Englisch abgelöst wurde: Auch das Englische kann sich auf seine lateinischen Wurzeln verlassen. So haben heute mehr als 60% aller englischen Wörter ihren Ursprung im Lateinischen. Dies führt beim Erlernen beider Sprachen zu erfreulichen Synergieeffekten, gerade beim Vokabellernen.

Aber Latein wird doch gar nicht mehr gesprochen!

Wenn Latein auch keine gesprochene Sprache mehr ist, so ist es umso mehr Reflexionssprache, d.h. eine Sprache, bei der man nachdenken, also reflektieren (lat. reflectere), kann. Jede Lateinstunde gibt Rätsel auf, die es mit intelligentem Nachdenken zu lösen gilt.
Die Unterrichtssprache im Lateinunterricht ist Deutsch. Das führt zu Vorteilen in gleich mehreren Bereichen:

  • Latein verbessert die Deutschkenntnisse, da es bei jeder Übersetzung aus dem Lateinischen darum geht, gelungene, mitunter kreative Formulierungen im Deutschen zu finden.
  • Die Sprachkompetenz in der Muttersprache Deutsch ist unerlässlich, um Texte besser zu verstehen und Informationen genau zu erfassen und zuzuordnen. Diese Grundfähigkeiten im sog. „Kommunikationszeitalter“ vermittelt der Lateinunterricht in besonderem Maße.
  • Auch in den sonstigen Schulfächern kommt es immer wieder auf die Fähigkeit an, Sachverhalte strukturiert in der Muttersprache Deutsch darzustellen.
  • Bei ausländischen Schülerinnen und Schülern, die gerade erst Deutsch lernen, stärkt Latein das Sprachbewusstsein im Deutschen.
  • Ebenso ist Latein mit seinen klaren grammatischen Strukturen für solche Schülerinnen und Schülern geeignet, die Spaß am logischen Denken haben und somit in der Schule eher Vorlieben für mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer haben.

Und nicht zu vernachlässigen: Ausspracheprobleme spielen im Lateinischen keine Rolle, da Latein – vereinfacht gesagt – so gesprochen wird, wie es geschrieben wird.

Latein – mehr als nur Sprache

Das Lateinische und mit ihm die griechische und römische Kultur bilden bis heute die kulturellen und geistigen Grundlagen Europas. Daher wird Latein oftmals auch als eine „Kulturwissenschaft“ bezeichnet.
Die antiken Texte aus Bereichen wie Geschichte, Dichtung, Philosophie oder Redekunst sind dabei nicht Selbstzweck, sondern führen fast automatisch zu Querverbindungen in unsere heutige Zeit:

  • Man vergleicht die Rede eines römischen Staatsmannes mit der eines aktuellen Politikers. Wer hat da von wem abgeschrieben?
  • Ebenso erstaunlich mag es anmuten, wenn man auf Sinnfragen des Lebens, wie sie sich dem modernen Menschen stellen, bereits Antworten in den Texten der antiken Philosophen findet.
  • Und nicht zuletzt: Das Verständnis unseres Kontinents „Europa“ beginnt schon mit seinem Namen. Und um den weiß man Bescheid, wenn man den antiken Mythos „Jupiter und Europa“ gelesen hat.

Latein vermittelt also kein veraltetes, lebensfremdes Wissen, sondern leistet einen direkten Beitrag zu einer vertieften Allgemeinbildung, die über (Schul-)Fächergrenzen hinausreicht.

Aktuelle Untersuchungen an deutschen Gymnasien zeigen, dass das Unterrichtsfach Latein wieder mehr Lernende verzeichnen kann. Offenbar leben Totgesagte doch länger. Also:
Latein lebt!
Mathias Schmitt (Fachvorsitzender Latein)